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Musik

Rimski-Korsakow-Konservatorium
Das Rimski-Korsakow-Konservatorium

Nichts erweckt das Land und seine Menschen eindringlicher, nichts ist russischer als das Glöckchen-Gebimmel einer Troika oder die Klänge einer Balalaika.

Die alte russische Volksmusik mit ihrer Fülle an Streich-, Zupf- und Blasinstrumenten, darunter die Domra, eine aus dem 16. Jahrhundert stammende Vorläuferin der Balalaika, und die Gusli, eine einfache Fiedel, auf der sich die fahrenden Sänger zu ihren Liedern zu begleiten pflegten, inspirierte die großen russischen Komponisten des 19. Jahrhunderts.

Dank dieser gemeinsamen Quelle der Inspiration besitzt ein Großteil ihrer Werke einen erkennbaren nationalen Charakter.

Begründer der neuen russischen Musik mit ihrem folkloristischen Einschlag war Michail Glinka (1804-1857).

Nach seinem dreijährigen Studium in Italien verspürte er offenbar ein, wie er es nannte, „musikalisches Heimweh“. Er hatte Sehnsucht nach Musik, in der das Naturell seines eigenen Volkes zum Ausdruck kam.

Seine beiden bekanntesten Opern „Ein Leben für den Zaren“ und „Ruslan und Ludmilla“ gründeten sich auf russische Folklore und historische Legende.

Konstantin Makowski. Porträt von Alexander Dargomyschski. 1869
Konstantin Makowski. Porträt von Alexander Dargomyschski. 1869

Nach Glinka folgte Alexander Dargomyschski, dessen berühmteste Oper „Der steinerne Gast“ 1872 posthum uraufgeführt wurde.

Die Werke Glinkas und Dargomyschkis inspirierten eine Gruppe von fünf jüngeren Komponisten, die im späten 19. Jahrhundert als Gruppe der „Fünf“ oder „mächtiges Häuflein“ von sich Reden machten: Mily Balakirew (1837-1910), Alexander Borodin (1833-1887), Cäsar Kjui (1835-1918), Modest Mussorgski (1839-1881) und Nikolaj Rimski-Korsakow (1835-1908). Sie alle komponierten nur hin und wieder. Für ihren Lebensunterhalt waren sie auf einen erträglichen Broterwerb angewiesen. Balakirew hatte seine Laufbahn als Mathematiker begonnen, Kjui war Armeeoffizier und Rimski-Korsakow in der Marine tätig. Mussorgski trat zunächst in die Armee ein und ging später zur Zivilverwaltung und Borodin, von Beruf Chemiker, setzte sich auch nachdrücklich für die Frauenbildung ein.

Nach Allem, was man hörte, war Borodins Leben ein einziges Chaos. Ständig war seine Wohnung mit Menschen überfüllt, die es sich in jedem Zimmer, auf jeder Couch und sogar auf dem Fußboden bequem machten. Borodin hatte Hemmungen, im Beisein dieser Klavier zu spielen.

Den ganzen Tag über gaben sich Frauen und Mädchen die Klinke in die Hand und unterbreiteten ihm ihre Bitten und Beschwerden. Mehr als einmal ließ er seine Mahlzeit stehen, um ihnen bei der Lösung ihrer Probleme behilflich zu sein. Allzu häufige Ablenkung war vielleicht der Grund dafür, dass die Komponisten des „mächtigen Häufleins“ ziemlich viele bedeutende Werke unvollendet hinterließen. Borodins Oper „Fürst Igor“ beispielsweise wurde von Rimski-Korsakow und Glasunow vollendet. Mussorgskis berühmte Oper „Boris Godunow“ wurde zunächst von Rimski-Korsakow und später von Schostakowitsch bearbeitet.

Der Berühmteste in der Gilde russischer Komponisten war Pjotr (Peter) Iljitsch Tschaikowski (1840-1893).

Gegen den Willen seines Vaters, gab Tschaikowski im Alter von 23 Jahren seine Stellung im Staatsdienst auf, um sich ganz der Musik zu widmen. Nach Abschluss seines Studiums am St. Petersburger Konservatorium unter dem Pianisten und Komponisten Anton Rubinstein, übernahm er 1866 ein Lehramt in Moskau. 1877 besserte sich seine finanzielle Lage, als er in Madame Nadeschda Filaretowna  von Meck eine wohlhabende Gönnerin fand, die ihn 14 Jahre lang unterstützte und mit ihm korrespondierte, ihm aber niemals persönlich begegnete.

1875/76 entstand die Musik für das Ballett „Schwanensee“ und 1877/78 die Musik für „Eugen Onegin“, eine seiner berühmtesten Opern.

Wenig später, im Jahre 1890, folgte die Oper „Piqué Dame“. Die Ballettmusik zu „Dornröschen“ und „Nussknacker“ komponierte er 1888/89 beziehungsweise 1891/92.

Mittlerweile zu internationalem Ansehen gelangt und 1893 von der Universität Cambridge mit der Ehrendoktorwürde geehrt, verbrachte Tschaikowski viel Zeit damit, zu den Aufführungen seiner Werke durch Europa und 1891 sogar nach New York zu reisen.

Der stetige Briefwechsel mit seinen Familienangehörigen zeigt einen liebenswürdigen, großzügigen Menschen. Im Alter von 53 Jahren starb der Komponist plötzlich und unter mysteriösen Umständen in Sankt Petersburg, ein tragischer Verlust für die Musikwelt.

Sergei Prokofjew
Sergei Prokofjew

Wie viele andere Komponisten der jüngeren Generation, hatten auch Sergei Prokofjew (1891-1853) und Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) dem Direktor des St. Petersburger Konservatoriums, Alexander Glasunow (1865-1936) sehr viel zu verdanken. Er überredete Prokofjews Vater, den Sohn zur Entfaltung seines musikalischen Talents auf das Konservatorium zu schicken und setzte sich für das Anrecht des jungen Schostakowitsch auf ein Stipendium an der Musikhochschule ein. In seinem Buch „Zeugenaussage“ berichtete Schostakowitsch: „Es herrschte schreckliche Hungersnot. Das wichtigste am Stipendium war, dass der Empfänger dafür einige Lebensmittel erstehen konnte.“

Zusammengefasst ging es hier um Leben und Tod. Stand man auf der Liste der Auserwählten, so konnte man leben. Doch wurde man gestrichen, glich dies unter Umständen einem Todesurteil. Schostakowitsch wäre zweitem beinahe zum Opfer gefallen, hätte sich Glasunow nicht derart für ihn eingesetzt.

Schostakowitsch setzte seine Arbeit fort und komponierte mehrere Symphonien, eine Oper (Lady Macbeth von Mzensk) sowie Klavierwerke und Filmmusik.

In den dreißiger Jahren fiel er, gemeinsam mit Prokofjew und anderen Komponisten wegen „ideologischer Unzulänglichkeiten“ in Ungnade. Jahrelang waren nahezu alle seine und Prokofjews Werke verboten und durften nicht öffentlich aufgeführt werden.

Seine im Jahre 1937 uraufgeführte 5. Symphonie verkaufte Schostakowitsch den Parteibonzen listig als „freudiges und optimistisches“ Werk.

Galina Wischnewskaja erinnerte sich: „Tief befriedig zog das ganze Pack davon. Die 5. Symphonie, vor dem Zugriff ihrer Klauen sicher, hallte in aller Welt wider und kündete von den Leiden des großen Russland.“

Prokofjew stammte aus einem hochkultivierten Haus: „Meine Mutter liebte und mein Vater respektierte die Musik“, schrieb er in seinen Memoiren. Nach der Revolution lebte er mehrere Jahre lang im Exil und reiste mit einem Nansen-Pass (Ausweis für Staatenlose). Dreimal kam er in dieser Zeit nach Russland und ließ sich dann 1934 mit seiner Familie in Moskau nieder. Angebliche „formale Verzerrungen und antidemokratische Tendenzen“ in seiner Musik trugen ihm und auch anderen führenden Komponisten 1948 eine Rüge der sowjetischen Obrigkeit ein.

Prokofjew starb 1953 im Alter von 61 Jahren.

Aram Chatschaturjan
Aram Chatschaturjan

Internationales Renommee erwarb sich auch Aram Chatschaturjan (1903-1978), ein russischer Komponist armenischer Abstammung. Zu seinen Werken zählen Symphonien, Ballette und Konzerte für Klavier, Violine und Violoncello.

Während des Zweiten Weltkrieges beauftragte Stalin Chatschaturjan und Schostakowitsch mit der Komposition einer neuen Nationalhymne. Die Tatsache, dass die beiden Komponisten sich in Stil und Arbeitsweise völlig voneinander unterschieden, kümmerte ihn nicht. Von dem Gedanken an eine Zusammenarbeit waren anfangs beide Musiker nicht erbaut und nach einigen freundschaftlichen Zusammenkünftigen stand noch nicht eine Note auf dem Papier. Mit dem Bewusstsein, es sich lieber nicht mit Stalin zu verderben, brachten sie schließlich eine Hymne zustande. Schostakowitsch komponierte die Melodie und Chatschaturjan den Refrain. Offenbar fand der große Diktator Gefallen an dem Werk, entschied sich dann aber doch für ein Lied von Alexander Alexandrow.

In der Sowjetunion stand das Musikleben unter Aufsicht des Kulturministeriums. Der Verband Sowjetischer Komponisten überwachte das gesamte musikalische Schaffen und verteilte Kompositionsaufträge. Überdies war er für das Wohlergehen seiner Mitglieder verantwortlich und stellte Wohnraum und Feriendomizile zur Verfügung. Auch bei der Verleihung von Preisen, bei der Schallplattenproduktion und Programmgestaltung aller Konzertagenturen im Lande hatte der Verband ein Mitspracherecht.

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